04262024

Berlin: QR-Stolpersteine im Holocaust-Denkmal

Stolpersteine

Es ist die Erinnerungsfähigkeit, so Aleida Assmann, die den Menschen formt, ihm dabei hilft ein „Selbst“ aufzubauen und als Grundvoraussetzung zwischenmenschlicher Interaktionen dient. Der kommunikative Austausch im Leben gilt dabei als wegweisendes Element, um das kurzfristige, aber wichtige „soziale Gedächtnis“ einer Gesellschaft am Leben zu erhalten. Solange also ein steter multiperspektiver Erfahrungsaustausch innerhalb einer Gruppe mit gemeinsamer Erfahrungsbasis existiert, solange wird auch das soziale Gedächtnis bestehen.

„Die Verantwortung für die Schoa ist Teil der deutschen Identität.“ Dies betonte der damalige Bundespräsident Horst Köhler in seiner 2005 gehaltenen Knesset-Rede und richtete sein Augenmerk dabei besonders auf die junge Generation. Dass neue Wege des Erinnerns und Gedenkens existieren, zeigte acht Jahre zuvor bereits der Künstler Gunter Demnig. Mit seinem Projekt „Stolpersteine“ initiierte er eine neue Art der Erinnerungs- und Gedenkkultur, um so an das Schicksal der Menschen zu erinnern, die während des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert, vertrieben und ermordet wurden. Mittlerweile befinden sich rund 42.500 Stolpersteine in 16 europäischen Ländern.

Am 17. Februar 2014 startete am Berliner Holocaust-Denkmal ein neues Modell interaktiven Erinnerns. Unter dem Titel „Musik liegt auf der Straße“ verlegten die 2002 mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnete deutsche Schauspielerin Iris Berben und der Vorstandsvorsitzende der Berliner Sparkasse, Dr. Johannes Evers, einen von 23 neuartigen Internet-Pflastersteinen. MithilfeHolocaust Memorial dieses sogenannten QR-Pflastersteins ist es künftig jedem Besucher möglich das erste virtuelle Konzert der Welt per Smartphone zu erleben.

 

Die Idee dahinter entstand nach dem bereits im Jahr 2008 stattgefundenen realen Konzert innerhalb des Holocaust-Denkmals. Seinerzeit wurden mehr als 3.000 Zuhörer Zeugen einer extra für das Stelenfeld komponierten Aufführung, bei der sich 24 Musiker der Berliner Kammersymphonie unter der Leitung von Lothar Zagrosek zwischen den Stelen verteilten. Das Publikum genoss somit an jeder Stelle im Denkmal ein anderes Klangerlebnis, da mit jedem Schritt die Wahrnehmung des gerade noch dominierenden Musikinstruments wechselte.

Mittels eines neuen technologischen Verfahrens, das via GPS den genauen Standort des Hörers berechnet und daraufhin die Klangwiedergabe der Instrumente umrechnet, ermöglicht die Applikation „Virtuelles Konzert im Denkmal“ genau dieses Erlebnis nun allen Besuchern des Holocaust-Denkmals.

QR_StolpersteinInitiator der App und des Konzerts im Jahr2008 ist Daniel-Jan Girl. Er ist sowohl Geschäftsführer der Deutsche Gesellschaft für multimediale Kundenbindungssysteme, als auch Vorstandsmitglied im Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V. Die Überlegung im Hinblick auf diese innovative Konzeption war und ist die Frage, wie man vor allen Dingen zukünftigen Generationen eine zeitgenössische Erinnerungskultur näherbringen kann. „Das Smartphone als Kommunikationsmittel Nr. 1 scheint dabei genauso universeller Zugang sein zu können wie Musik.“

Die Konzert-App wird derzeit gratis bei Apple-iTunes angeboten, eine Android-Version ist in der Entstehung. Da die App mit 180 Megabyte recht groß ist, empfiehlt es sich das vor Ort kostenlos zur Verfügung gestellte WLAN „Virtual Concert“ an der Cora-Berliner-Straße Ecke Hannah-Arendt-Straße zu benutzen.

Photo Credit: Stolperstein-Cosmo (Flash), Philippe Amiot, JVG

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